Diamant Fahrradwerke, gegründet 1885
Mehr als 135 Jahre Geschichte sind eine beeindruckende Zeit. Früh war Diamant erfolgreich. Die Geschichte von Diamant ist aber auch gut gefüllt mit glücklichen Zufällen und Geschichten von Scheitern und vom Wiederaufstehen. Es ist die Geschichte der deutschen Industrie, die sich in unserer eigenen widerspiegelt.
Mit einem Misserfolg geht es eigentlich auch los. 1885 verliert Friedrich Nevoigt seine Arbeit in einer Strumpfmaschinenfabrik. In der Not stellt er nun selbst Platinen für Strickmaschinen her – so erfolgreich, dass sein Bruder Wilhelm ins Unternehmen einsteigt. Die erste Absatzflaute motiviert sie dazu, neu auch Schreibfedern aus Diamant-Stahl in ihr Programm aufzunehmen. Als Mitte der 1890er das Veloziped zum Kassenschlager wird, erkennen sie: dieser Stahl eignet sich auch bestens für Fahrradrahmen. 1895 produziert die Firma dann auch Fahrräder.

Exkurs: Diamant bringt Licht ins Dunkel
Die Nevoigt sind Tüftler und Diamant-Fahrräder daher von Beginn an bis ins Detail durchdacht. So bringen sie bereits 1898 mit einer kerzenbetriebenen Fahrradlampe Licht ins Dunkel und führen die bis heute genutzte Doppelrollenkette in Deutschland ein. Die Arbeit zahlt sich aus, denn die Zweiräder der Nevoigts erfreuen sich hoher Beliebtheit. So bekommt das junge Unternehmen 1911/1912 dann auch einen neuen Namen – und ein Gesicht: Die Nevoigts lassen „Diamant“ und das „Köpfchen“ schützen. Eine Marke entsteht.




1914 – 1945
Schon bald beginnt allerdings der Erste Weltkrieg und Diamant muss sich statt mit Zweirädern nun mit der Produktion von Rüstungsgütern beschäftigten. Seinen regulären Betrieb kann das Unternehmen erst nach 1918 wieder aufnehmen. Im Jahr 1922 liegt die Fahrradproduktion dennoch bereits wieder bei imposanten 55.000 Rädern. Das Werksteam von Diamant gewinnt in ganz Deutschland unzählige Rennen auf den Diamant-Rädern, die ersten gelben Trikots bei der Tour de France für Deutschland erkämpfen ebenfalls Fahrer auf Diamant-Rädern.

Im Jahr 1926 besitzt das Unternehmen immerhin nicht weniger als zwölf(!) Patente, die sich mit Leichtmetall im Fahrradbau beschäftigen. Beeindruckendes Resultat der patentierten Leichtbauweise ist ein Bahnrad aus dem Jahr 1927, das nicht mehr als 7 kg auf die Waage bringt.

Nachhaltige Wirkung hinterlassen der Gesundheitslenker und die Hebelmuttern, die Tullio Campagnolo 1933 zum Schnellspanner weiterentwickelte.
Leider laufen die Geschäfte nicht mehr so. Die Nevoigt-Brüder sind längst aus dem Unternehmen ausgeschieden. Der Glanz von Diamant verblasst, wie auch die prestigeträchtigen Rennerfolge abnehmen. 1928 übernimmt Opel das Unternehmen inmitten schwerer Turbulenzen. Im Zusammenhang damit steigt Diamant vorübergehend in den Motorradbau ein. Manche dieser Maschinen schaffen es im Laufe ihres Lebens bis nach Indien. Diese Zeit legt die frühe Wiege für das E-Bike. So kann das Diamant-Lieferrad von 1934 mit einem kleinen Motor von Fichtel & Sachs ergänzt werden, was die Beförderung des Transportguts erleichtert.

Die Qualität der Fahrräder leidet, weil Opel auf günstige Fertigung setzt. Der Geschäftsführung gelingt es, sich wirtschaftlich zu befreien. Dann allerdings bricht der Zweite Weltkrieg aus und Diamant erhält erneut Fertigungsaufträge für die Rüstungsgüterproduktion.

Als am 5. März 1945 über 900 US-Bomber die Industriestadt Chemnitz angreifen und in Trümmer legen, bleiben die Diamant-Werke von den Bomben verschont. Die benachbarten Wanderer-Werke werden demontiert und in die UDSSR verbracht. Diamant hilft erneut der Zufall: die Fahrradwerke stehen schlichtweg auf der Liste weit genug unten.
1946 – 1990
1946 wird die bisherige Diamant AG per Volksentscheid gelöscht und von der sowjetischen Aktiengesellschaft Awtowelo (Abkürzung für „Selbstangetriebenes Fahrrad“) übernommen, die Fahrradproduktion läuft wieder an.

Diamant wird später VEB (volkseigener Betrieb).







Mit dem Straßenrennrad Nr. 167, das schon unter Awtowelo 1947 geplant wurde, holt sich „Täve“ Schur 1955 auf der Internationalen Friedensfahrt den ersten Sieg eines deutschen Fahrers. Auf diesem „Friedensfahrtmodell“ wird „Täve“ Schur 1958 sogar Sieger bei der WM der Radamateure in Frankreich – ebenfalls als erster deutscher Fahrer überhaupt. 1959 wird „Täve“ Schur nochmals Friedensfahrtsieger und Weltmeister.





Ab 1963 darf Diamant aber im Amateur-Radsport nur noch inkognito antreten. Um die Kommerzialisierung im Sportbereich zu unterbinden, wird der Schriftzug „Diamant“ durch den Schriftzug „Friedensfahrt“ ersetzt. Allerdings ist die Marke so bekannt, dass nicht nur Insider wissen, woher diese Rennmaschinen eigentlich kommen.
Noch einmal steht Diamant kurz vor dem Aus, weil Strickmaschinen für den Export mehr westliche Devisen bringen und der VEB sich eigentlich darauf konzentrieren soll. In dieser Zeitspanne kommt Diamant erstmals 1972 nach Hartmannsdorf und übernimmt dort für 11 Jahre die Maschinenfabrik Emil Wirth zur Herstellung von Strickmaschinen.

Dann werden aber auch hochwertige Fahrräder sehr profitabel – und die stellt in der DDR nur Diamant her.

BIS HEUTE
Gegen Ende der DDR fehlt es an Ressourcen und modernen Anlagen. Mit der Wende bricht die Nachfrage komplett ein. Wiederum entgeht Diamant gerade so der Pleite.

Die Produktion von Strickmaschinen, die es immer noch gibt, spaltet sich ab. Sie baut ein neues Fabrikgebäude, geht aber bankrott, bevor sie es beziehen kann. Ironie der Geschichte: dieses Gebäude wird das neue Zuhause der Fahrradsparte, die 1992 vom Schweizer Hersteller Villiger übernommen wurde.

Villiger hat eine über 100jährige Tradition in der Zigarrenherstellung. Fahrräder gehören erst seit den 1980ern zum Programm.
1997 zieht Diamant nach Hartmannsdorf ins neue Gewerbegebiet in den heutigen Standort Schönaicher Straße 1 um, wo eine komplett neue Fabrikationsanlage gebaut wurde und bis heute beständig erweitert wird.

Nachdem es im Fahrradmarkt kriselt, zieht sich Villiger 2002 aus dem Geschäft wieder zurück. Das amerikanische Familienunternehmen TREK nutzt die Chance. Diamant startet ab 2003 wieder durch. TREK entscheidet sich später, neben TREK keine weiteren Fahrradmarken separat fortzuführen. Mit einer Ausnahme: Diamant.







Heute sind die TREK Diamant Werke die einzige eigene Fahrradfabrik von TREK weltweit. Diamant ist eine quicklebendige Marke, mit der TREK den sehr besonderen deutschsprachigen Markt bedient. TREK ist stolz darauf, der Marke Beständigkeit und Zukunft geschenkt zu haben. Produktmanagement und Marketing sitzen seit Villiger-Zeiten in der Schweiz – auch das sind inzwischen fast 40 Jahre. Prototypen werden nach wie vor in Sachsen gebaut und alle Diamant-Räder in Hartmannsdorf montiert. Man kann sagen: Diamant ist ein Sachse mit einem Zweitwohnsitz in der Schweiz.

Im Heimatmuseum ist Dank einer Leihgabe von Diamant ein neues E-Bike Beryll zu bewundern, welches der Geschäftsführer Mirco Schmidt an die Vereinsvorsitzende Kristin Kluge 2022 übergaben hat.

Aktuelles Werbevideo der Firma: