Die wechselvollen Schicksale des Hartmannsdorfer Braugutes

1136

Das Benediktinerkloster Chemnitz wurde gegründet und von Pegauer Mönchen besetzt (Hauskloster von Wiprecht von Groitzsch gegründet 1105) deren Weg ging durch die Muldenfurth bei Penig weiter durch dichten Wald nach Chemnitz. An der Stelle an unserem Bach, wo der Chemnitzer Berg anfängt, haben sie sicher eine letzte Rast eingelegt und die Pferde getränkt (eine sogenannte Ausspanne, die Steinkuppe; noch lang die Ausspannhöhe)

1165

Gründung von Chemnitz als Kaufmannssiedlung, der Verkehr von und nach Chemnitz nahm stetig zu und so wurde dieser Platz bei der Gründung von Hartmannsdorf (1160-1170) für Braugut und Kirche gewählt und ist heute noch die Dorfmitte. Erster Besitzer war höchstwahrscheinlich Lokator Hartmann, eingesetzt noch in der Kolonisationszeit von den Reichsministerialen von Drachenfels. Wir gehörten zu dieser Zeit zum Reichsterritorium Pleißenland. Kaiser Babarossa hielt sich sechs Mal in Altenburg auf und hielt dort Gericht. Als Sitz des Erbrichters bzw. Dorfschulzen, der die herrschaftliche Gerichtsbarkeit verkörperte, war sein Anwesen von Anfang an das größte Gut. (1927 waren es 110 ha) Der Dorfschulze war zugleich gräflicher Gerichtsschöppe und übte die niedere Gerichtsbarkeit aus (z.B. die Regelung der Zins- und Frondienste) und auf seinem Hof lag von alters her die Schankgerechtigkeit. Seit wann, darüber gibt keine Urkunde Auskunft. In einem Schreiben vom 5. Juni 1902 der königlichen Amtshauptmannschaft Rochlitz an den Rechtsanwalt Robert Gärtners heißt es: „dass die gerichtsherrschaftliche Konzession durch die frühere Patrimonal-Gerichtsherrschaft erteilt worden sei“ – also noch vor den Schönburgern, die 1548 die Herrschaft Rochsburg kauften. Die Patrimonal-Gerichtsherrschaft war für Hartmannsdorf bis 1849 das Gräflich-Schönburgische Justizamt Penig, später das Amtsgericht Burgstädt

1530

Jenigke, der Richter

1552

Landsteuerliste: Siegmund Matthes

In einem Beitrag in Aus der Heimat – für die Heimat – gibt uns Artur Beil Auskunft über die ersten bekannten Besitzer:

1560

verkauft Siegmund Matthes das Schenkengut mit liegenden Gründen, Brauerei und dem Recht des Bier- und Weinschankes für 1700 Gulden an Brosius Petzsch

1587

ist Tobias Müller, Magister und Astronomus zu Zwickau Besitzer der Schenke; Die Schenke wird David Schilling übertragen

1589

bezahlt Thomas Kühn zu Hartmannsdorf Gut und Schenke für 500 Gulden und 23 gute Schock

Exkurs: Was sind gute Schock ?

Das Schock war im Königreich Sachsen sowie in Böhmen und Schlesien eine Rechnungsmünze.

Im Königreich Sachsen unterschied man entsprechend dem alten Zählmaß 1 Schock = 60 Stück:

  • 1 altes Schock = 60 kleine Schockgroschen = 20 gute Groschen, es entsprach 54Konventionsgulden = 75 Kreuzer;
  • 1 neues/schweres Schock = 60 gute Groschen = 3 alte Schock, es hatte einen Wert von 154 Konventionsgulden = 225 Kreuzer.

1609

Gerichtsbuch, Amt Rochsburg 1609 fol 15 ff

In der Gerichtsakte fordern Hartmannsdorfer Bauern von der Herrschaft Rochsburg: „dass der Wirt allhier seine Freiheit hat zu brauen durch das ganze Jahr über, wann er will und dem Churfürsten zu Sachsen die Tranksteuer davon gereicht wird, so viel Wein zu schenken, wie er will. Würde aber der Wirt nicht selber brauen, mag er in Städten oder Dörfern Bier und Wein sich erholen wo er kann, ist er keinem Ort verbunden.“

1688

Steuerliste des Amtes Penig: Martin Schuberth, Richter von der Schenke, Bauerngut und Garten

1810

Verelgung der Salzstraße durch die Franzosen von der Hohle (Ziegelstraße) zum heutigen geraden Verlauf

1813

Durch die Truppendurchmärsche wird das Braugut stark in Mitleidenschaft gezogen, u.a. werden zweimal die Fensterscheiben eingeworfen. Die mitgeführten Ochsen lagen in Wirts Kirchgarten. Erst am 3. November wagten sich die Bauern wieder auf die Felder zur Kartoffelernte. Der Verlust 1813 für Hartmannsdorf 40371 Taler!

1818

Brand des Braugutes mit dem Gasthofgebäude, einer alten Scheune und einem Stallgebäude, wobei 4 Pferde, einige Kühe und Jungvieh umkamen, im gleichen Jahr Neubau des Gasthofes mit Tanzsaal direkt an der Chaussee Königliche Amtshauptmannschaft Rochlitz am 5. Juni 1902:

„Aus den letztgenannten Akten geht übrigens hervor, dass dieser Gasthof nach dem im Jahr 1818 stattgefundenem Brand auf einem anderen Platz nahe an der Chaussee wieder erbaut worden ist. Der darin bezeichnete Gasthof ist der Gasthof „Zur Weintraube“, ab 1856 Gasthof „Zum sächsischen Kronprinzen“

weitere Vorbesitzer: Johann Christoph Pester bis zum Jahr 1793

Christian Grunert            1802

Johann Christoph Böhme             1823

Johann Karl Helbig           1831

Gottlob Graichen/ August Wilhelm Graichen      1844

1844

Kauf des Braugutes durch August Wilhelm Graichen für 14000 Taler

1850

Bildung einer Hartmannsdorfer Strumpfwirkerinnung mit Sitz im Braugut

1858

Eröffnung eines Steinbruches auf Braugutgelände durch Wilhelm Graichen, täglich 60-80 Fuhrwerke mit fertig behauenen Steinen nach Chemnitz, die Stadt kauft den Steinbruch, Verpachtung an Albert Del Antonio

1865 Ausspanne von täglich 35-45 Altenburger Bauern, die ihre Erzeugnisse in Chemnitz (Brückenmarkt) verkauften

1872

Eine Postexpedition wird untergebracht

1873

Erteilung der Schankerlaubnis an die Gasthofspächter Nollau und Böhm

1881

die Tochter Graichens, Antonie Klara verehel. Rockstroh erwirbt das Braugut

1881

Braugutbrauerei geht in Pacht an Karl Puschmann aus Chemnitz, er brauchte Einfachbier und Gose

1885 bis 1892 kaiserliche Post hat im Braugut ihre Agentur – Halt des Postwagens Leipzig/ Annaberg

1886

Einstellung der Gastwirtschaft im alten Gasthof und Einbau von Wohnungen

1887

Neubau einer Brauerei gegenüber dem Braugut durch Karl Puschmann und dessen Bruder Julius, zur Kirmes 1887 erstmals untergäriges Bier pilsener Art, deshalb Böhmisches Brauhaus

1889

Verkauf des Braugutes an Albrecht Roßner

1890

Versteigerung des Hotels „Zum Kronprinz“ an Brauereibesitzer Karl Puschmann

1892

Die große Scheune am Kirchberg und ein Seitengebäude des Braugutes brennen ab

1893

Neubau der Scheune mit Stall und Wagenremise – heute Gasthof

1895

Besitzerin Frau Dress geb. Hilliger

1897

Kauf von Wilhelm Rudolf Penne für 110000 Mark

1898

Kauf des Braugutes durch Wilhelm Robert Gärtner, Fabrikant in Burgstädt

1901

Einrichtung einer 18 a großen Gärtnerei mit Namen „Fruchtanlage Wettin Hartmannsdorf“

1902

Fabrikbesitzer Robert Gärtner beantragte bei der Kgl. Kreisdirektion Leipzig, auf seinem Grundstück ruhe die Gasthofsgerechtigkeit als Realrecht

1903

nach Ablehnung aus Leipzig Anfechtungsklage an das Kgl. Innenministerium Dresden erneute Ablehnung, (Urteil lautete: die Gasthofsgerechtigkeit ist an das „Hotel Kronprinz“ übergegangen)

1905

Modernisierung des Hauptgebäudes, das Braugut hat einen großen Rindviehbestand, Verkauf der Milch mit einem Milchwagen in Burgstädt und Hartmannsdorf im Milchhäusel auf der Kuppe

Exkurs: Das Milchhäusl auf der Kuppe

Das Milchhäusl auf der Kuppe hatte nur am Wochenende geöffnet.

Dazu wurde die Milch aus dem Braugut von der Firma Schönfeld (Buttermilch Schönfeld – Untere Hauptstraße) auf den Berg gefahren,

Geschäft Buttermilch Schönfeld

auf den Berg gefahren,

Paul Schönfeld auf dem Rückweg vom MIlchhäusl auf der Kuppe

wo Wanderer und Ausflügler mit der Milch ihren Durst stillen konnten.

1906

Anbau eines Lagers- und Eiskellers, Lieferung von Eis durch die Hartmannsdorfer Bauern

1911

Eigentümerin Emma Emilie verw. Gärtner, Errichtung eines Wohngebäudes und Wirtschaftsgebäudes an der Chemnitzer Str. 16 u.a. wohnte dort Obergärtner Bruno Schlosshauer

1919

Braugut im Besitz des Schwiegersohns der Frau Gärtner, Major a.D. Ludwig Felix Henker in Dresden

Exkurs: Das Henkergrad

1927

Am 8. August kauft die Gemeinde Hartmannsdorf das Braugut für 312600 RM (34h Wald auf der Kuppe, Kirchhofs Teich, Gärtnerei – 110ha)

1929

Alle genannten Grundstücke gingen bis zum Jahresende in den Besitz der Gemeinde Hartmannsdorf über, verpachtet an August Rechenberg, Im Eiskellergebäude werden 3 Läden und 3 Wohnungen eingebaut sowie die Gaststätte Ratskeller (Pächter Ludwig) mit 2 Kegelbahnen. Nach dem Krieg führte die Witwe Ludwigs die Gaststätte noch ein paar Jahre weiter

1932

Auf Braugutgelände wird die Siedlung Kühnheide errichtet

1934

Die Braugutfelder sind verpachtet. Die Braugutgärtnerei wird an Hartmannsdorfer Einwohner verpachtet

1935

Arztpraxis und Wohnung an Dr. Dörr Braugut

1937

im Stallgebäude findet Ausbildung zum Luftschutz statt

1956

Die MTS (Maschinen-Traktoren-Service) hält Einzug, später kommen Küche und Speiseraum für die LPG dazu. Haupt- und Seitengebäude sind als Wohnungen vermietet

1999

Familie Peev erwirbt den großen Vierseitenhof,

Familie Peev erwirbt den großen Vierseitenhof,

baute nach eigenen Vorstellungen das ganze Braugut zu einer rustikalen Großgaststätte aus, in der u.a. ein Hotel und 8 historische Gasträume vom Gewölbekeller bis zum großen Tanzsaal von den Gästen genutzt werden können. Insgesamt bietet das Braugut den Besuchern ca. 1000 Plätze.

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